Der Kunstverein Artinnovation hat einen hochwertigen Sammelband herausgebracht. Am 18. November 2015 war die Erstpräsentation im Casino Innsbruck. Mit dabei: Vanja Vujici (siehe Bild). Der Sammelband ist auch im Kunstraum erhältlich.
Artedition
ISBN: 978-3-200-04314-5
Herausgeber: Kunstverein Artinnovation
www.artinnovation.at
Vorwort von Hubert Thurnhofer
Kunstmarkt: Der Olymp wird überbewertet
Wenn man Medienberichte über „den Kunstmarkt“ verfolgt, so drängt sich der Eindruck auf, dass ein Rekord den anderen jagt. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2007 mehr denn je. „Der“ Kunstmarkt wird beschrieben als Marktplatz der Eitelkeiten, in dem Superreiche für ein Produkt, das für viele Beobachter aus unerklärlichen Gründen als „Kunst“ bezeichnet wird, sieben-, acht-, und in jüngster Zeit immer öfter auch neunstellige Beträge ausgeben. Dollar, Euro oder Pfund.
Nach über 20 Jahren als Galerist und (als Philosoph) gleichzeitig kritischer Beobachter dieses Phänomens bin ich zu dem Schluss gekommen: Es gibt keinen einheitlichen Kunstmarkt, sondern viele Kunstmärkte, und die Durchlässigkeit zwischen den Märkten ist äußerst gering. Sowohl horizontal als auch vertikal.
Der Kunstmarkt ist streng hierarchisch strukturiert und lässt sich schematisch als Pyramide mit fünf Ebenen darstellen. In der gängigen Berichterstattung wird allerdings primär die Spitze der Pyramide, der Olymp, als „der“ Kunstmarkt bezeichnet. Die zweite Ebene unter dem Olymp wird noch relativ häufig medial in Betracht gezogen. Hier finden sich die Top 100 aller Länder, weltweit bei 200 Staaten somit 20.000! Man kann davon ausgehen, dass in jedem Land rund 100 Künstler deutlich mehr Publicity genießen als der Rest der Szene. Das ist kein Naturgesetz beschränkter Kapazitäten im Bereich der höchsten Qualität, sondern primär ein Phänomen beschränkter Kapazitäten der Wahrnehmungsfähigkeit.
Auf der dritten Ebene der Pyramide finden sich arrivierte Künstler. Ich würde von durchschnittlich 2.500 arrivierten Künstlern pro Land ausgehen, das sind ca. 500.000 weltweit! Auf der vierten Ebene kämpfen Emerging Artists und Hidden Champions um Aufmerksamkeit – weltweit gut eine Million. Und darunter gehen Künstler buchstäblich auf die Straße, hinterlassen mit Grafitti legal oder illegal Spuren im Stadtbild. Und oft drängen „Künstler aller Art“ schon nach dem ersten Kunstkurs in den Markt.
Der Olymp ist im wörtlichen und im metaphorischen Sinne abgehoben von den anderen Ebenen der Pyramide. Gerade deshalb steht er im Zentrum von Aufmerksamkeit und Erregung der Öffentlichkeit. Museen bringen immer mehr von immer weniger Künstlern und in der Folge berichten die Medien immer mehr von immer weniger. Das ist eine zwingende Konsequenz der ungeschriebenen Mediengesetze, dafür braucht man keine Verschwörungstheorie.
Die Vielschichtigkeit der Kunstmärkte kennt jedoch mehr Facetten, als dies Medienberichte, die nur über Blogbuster-Ausstellungen und Starkünstler berichten, suggerieren. Zwar werden im Olymp die höchsten Preise bezahlt, doch der Großteil der Kunstwerke wird auf den anderen Ebenen der Pyramide geschaffen und gehandelt. Deshalb ist der vorliegende Sammelband, der Werke von 120 Künstlern und Künstlerinnen vorstellt, ein wichtiger Beitrag für eine differenzierte Sicht auf die Kunstmärkte. Es bleibt zu hoffen, dass diesen Kunstband auch Kuratoren, Journalisten und Kunstkritiker zu sehen bekommen.
Hubert Thurnhofer
Mehr Infos über den "Olymp" und die Kunstmarkt-Pyramide bietet das Buch "Die Kunstmarkt-Formel"