Ausstellung mit Eva Meloun und Ernst ZdrahalGALERIE AM LIEGLWEG Lieglweg 23, 3040 Neulengbach
Vernissage: 31.1.2016 Eröffnung: Hubert Thurnhofer
Finissage und Matinee: Sonntag, 21.2.2016 um 11.00 Uhr mit Lesung von Eva Meloun und Hubert Thurnhofer
Leitung der Galerie: Dr. Ursula Fischer
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Bild: Ernst Zdrahal |
Ab 29. Februar 2016 geht die Ausstellung in die Verlängerung, und zwar im Kunstraum Popup 58 in den Ringstrassen Galerien, 1010 Wien. Dauer der Ausstellung: bis Samstag, 12. März 2016
Das Thema der Ausstellung von Eva Meloun und Ernst Zdrahal führt uns von der Kultur- und Religionsgeschichte mitten in die Kunstgeschichte und in die zeitgenössische Kunst, wo wir Dämonen, Idole und Legenden finden - jeder wird dazu Namen kennen, die ihm sofort einfallen.
Das Publikum nennt Namen:
Idole: Picasso, Warhol
Dämonen: Hermann Nitsch
Legenden: Ernst Fuchs
v.l.n.r.: Eva Meloun, Ursula Fischer, Hubert Thurnhofer, Ernst Zdrahal
Beginnen wir mit den Idolen. Ich darf dazu kurz aus der Kunstmarkt-Formel zitieren. Es geht an der Stelle um eines der größten lebenden Idole der Welt, zumindest des Teiles der Welt, der in und rund um New York lebt.
„Kunstberaterin Thea Westreich sagt: "Jeff ist eine herausragende Figur in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. .... Wenn man von der Tatsache ausgeht, dass Jeff ein wichtiger Künstler ist, der seit über zwei Dekaden interessante, provokative und intelligente Arbeiten macht, und man seine Karriere in Bezug zur Geschichte der Kunst des 20. Jahrhunderts setzt, wird man feststellen, dass er darin eine sehr starke Figur ist, er ist unverzichtbar. Man muss ihn kennen, um zu wissen, wo wir uns in der Kunstgeschichte und in unserer Kultur befinden. Damit haben wir die Tatsache belegt, dass Jeff ein Künstler von außerordentlicher Wichtigkeit ist."
Formal-logisch gliedert sich der "Beweis" von Thea Westreich in:
Erste Prämisse: Jeff ist eine herausragende Figur ...
Zweite Prämisse: Jeff ist ein wichtiger Künstler ...
Conclusio: Jeff ist ein Künstler von außerordentlicher Wichtigkeit...
Dieses Beispiel ist typisch für den Diskurs, der im Olymp geführt wird. Suggestiv-Verfahren ersetzen Beweis-Verfahren. Suggestion und Autosuggestion sind rituelle Verhaltensweisen: gebetsmühlenartig werden die immer gleichen Namen wiederholt, nicht um zu "beweisen", dass sie einzigartig sind, sondern um den Glauben an deren Einzigartigkeit zu stärken.“ (Die Kunstmarkt-Formel S. 58/59)
Mit Sicherheit ist Jeff Koons ein Idol reicher und einflussreicher amerikanischer Kreise und das Zitat zeigt, wie die Idolisierung funktioniert. Idolisierung ist verwandt mit Idealisierung, aber noch stärker mit Ideologisierung. Von der Ideologiekritik wissen wir, dass die Ideologie die Reduktion auf eine Idee bedeutet, mit der Ausgrenzung anderer Ideen und die Ausgrenzung von Vielfalt zwangsweise einher gehen. Die Idolisierung von Koons funktioniert durch Ausblendung hunderter oder sogar tausender Künstler die mindestens genauso gut oder sogar besser sind als er.
Beim Thema Dämonen fiel der Name Nitsch. Dämonisierung ist so wie die Idolisierung eine beliebte Strategie um im Kunstmarkt zu reüssieren. Die Dämonisierung ist mit religiösen und pseudoreligiösen Verhaltensweisen vergleichbar. Diese These würde Hermann Nitsch gar nicht ablehnen. Ich hatte sogar ein einziges, kurzes Gespräch mit dem Orgien-Mysterien-Künstler und habe lange darüber nachgedacht, wie ich ihm eine sachlich neutrale Frage stellen soll. Schließlich hab ich ihn gefragt: ist Ihre Kunst sakral? Darauf sagte Nitsch: ich habe meine Kunst immer als religiöse Tätigkeit gesehen, dazu braucht man keine Kirche. Ich finde diese Aussage bedenkenswert. Kurz: um Nitsch zu verstehen muss man das Religiöse in seinem Werk verstehen.
Der Name Fuchs fiel als Beispiel für eine Legende. Ich finde das auch treffend, und sehe in der Art, wie massiv große Teile der Kunstszene Ernst Fuchs und den Phantastischen Realismus heute ablehnen für ein Beispiel von Anti-Idolisierung. Aber die Legende bleibt. Das zeigt, dass Legenden stärker sind, als Idole. Legenden kann man auch nicht wie Idole pushen und produzieren, Legendenbildung hat mit Bildung zu tun und nicht mit Produktionstechniken des Kunstmarktes, genauer gesagt des Kunstmarketings. Legenden kommen immer aus dem Volk, ihre Herkunft ist damit in gewisser Weise demokratisch und nicht wie die Produktion von Idolen, die durch Vereinbarungen kleiner, aber einflussreicher Eliten gleichsam produziert werden. Man kann Legenden nicht wie Idole hypen.
Es gibt auch lebende Legenden. Und es ist kein Zufall, dass es sich dabei um eher ruhige, introvertierte Persönlichkeiten handelt. Dazu zählen Ernst Zdrahal und Eva Meloun. Beide Künstler sind Legenden in der Wiener Kunstszene, beide haben zusammen schon mehrfach ausgestellt. Nach Jahrzehnten regelmäßiger Präsenz in der Kunstszene sind sie Legenden und parallel dazu tragen sie mit ihren Kunstwerken zur Legendenbildung bei. So finden sich bei Evas Werken dieser Ausstellung Legenden von Botticcelli bis Marilyn Monroe, bei Ernst Legenden von Magritte bis Sigmund Freud. Meloun und Zdrahal sind legendäre Künstler-Künstler, d.h. bestens bekannt unter Künstlern, aber weniger bekannt bei den Multiplikatoren der Medien und den Kuratoren der Kunsthallen. Die schauen halt lieber auf die immer gleichen Idole der Kunstwelt.
Damit schließt sich der Kreis zum eingangs zitierten Idol Jeff Koons, dessen Ballon-Venus seit Ende des Vorjahres im Naturistorischen Museums in Wien steht. Anlass war die "Umbettung" der Venus von Willendorf. Die Venus ist aus meiner Sicht Legende, Idol und Dämon in Personalunion. Die Banalität der Balloon-Venus bringt dies in keiner Weise zum Ausdruck, sehr wohl aber die Venus-Interpretationen von Meloun und Zdrahal. Meloun konfrontiert die Venus von Willendorf mit Marilyn, setzt sie einsam in eine weite Landschaft oder sieht Venus in geselliger Runde als "Dreimäderlhaus". Zdrahal verlagert die Venus als Fundstück auf den Mond. Statt mit hintergründigen Interpretationen werden die Besucher des Naturhistorischen Museums - und ich bin sicher, mindestens 60 Prozent von ihnen haben noch nie etwas von Jeff Koons gehört - mit dem Banalen in der Kunst konfrontiert. Schade, dass das NHM auf der Welle mit schwimmt, sich mit angeblich wichtigen Künstlern wichtig zu machen, anstatt darüber nachzudenken, welche Künstler zu dem Thema wirklich was zu sagen haben.
Bilder: Eva Meloun
Ich lasse mir aber meine naive Hoffnung nicht nehmen, dass sich am Ende doch die Qualität durchsetzen wird. Danke in dem Zusammenhang auch an Ursula Fischer, die diese Ausstellung so gut kuratiert hat. Und die mir damit auch viel Arbeit abgenommen hat, denn die Werke, die hier nicht verkauft werden, kommen anschließend direkt in den Kunstraum zur Ausstellung.
Siehe auch: Die Musealen: Jeff Koons und Damien Hirst
Ausstellung im Kunstraum popup 58 von 29.2.-12.3.2016