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Buchpräsentation

 

am Mittwoch, 25. November 2015

Beginn: 18.30 Uhr

Ort: der Kunstraum in den Ringstrassen Galerien

1010 Wien, Kärntnerring 11-13 / 144

 

Wenn man zu lange auf den Ozean schaut

Roman von Sophia Benedict

Verlag: Books on Demand (2015)
ISBN-10: 3738632247
ISBN-13: 978-3738632248
Preis: Kindle Edition: 11,99 / Taschenbuch 19,99

 

SophiaBenedict
   

 

 

„Frankreich ist kein Land. Frankreich ist eine Religion.“ Diese Erkenntnis vermittelt uns eine junge Frau, nachdem sie das Schicksal von Wladiwostok über Moskau, Lissabon bis Paris gebracht hatte. Farida, die Ich-Erzählerin, gesteht sich selbst immer wieder ein, naiv zu sein. Auch wenn dies ein Bekenntnis mit kokettem Unterton ist, so sagt sie damit doch die Wahrheit. Denn in ihrer Naivität lebt sie eine Wahrheit, die kindlich im Sinne von ehrlich ist: sie lässt ihre Gefühle zu wie sie sind, sie liefert sich ihren Gefühlen ohne Wenn und Aber aus, auch wenn sie weiß, dass am Ende einer Liebesbeziehung die Realität von Vorschriften, Gesetzen und sozialen Zwängen steht. Ihre Wahrheit ist die Unmittelbarkeit der Gefühle, und diese offfenbart sie dem Leser authentisch in ihrem Reisebericht, der gleichzeitig ein Lebensbericht ist.

 

Faridas Weltreise beginnt in Wladiwostok als Geliebte eines jungen Kapitäns, nachdem sie in ihrer Heimatstadt Kasan mit einem deutlich älternen Mann ihre erste Enttäuschung erlebt hatte, als sie feststellen musste, dass dieser bereits verheiratet war. Pawluschka, wie sie ihren Kapitän zärtlich nennt, war der Traummann für jedes sowjetische Mädchen, doch Farida fühlte sich bald beengt wie eine Gefangene im goldenen Käfig. Eine Vorahnung hatte sie schon bei der Abreise: „Ich hörte einmal erzählen, dass ein Grieche, wenn er Griechenland verlässt, das letzte 'S' seines Familiennamens in seiner Heimat lässt. … Als ich meine Heimatsadt verließ, blieb in Kasan nicht nur ein Teil meiner Seele, sondern auch ein Vokal aus meinem Namen. In Kasan hatte ich Farida geheißen, jetzt einfach Frida.“

 

Bei aller Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung lässt sich Frida nicht dauerhaft in ihrer Freiheit beschneiden. So fährt sie mit Mitja, einem Freund von Pawluschka, nach Moskau, wo sie ein Studium beginnt – und eine Scheinehe mit Mitja, damit sie eine Aufenthaltsbewilligung bekommt. Aus der „Umarmung Moskaus“, zumindest aus dem grauen Alltag zwischen Universität und Bibliothek, löst sich Frida bald. Mit Freundinnen verkehrt sie in den teuersten Hotels Moskaus, wo sie ausländische Geschäftsmänner kennen lernt.

 

Fridas Erinnerungen geraten zu einer Kulturgeschichte der Liebe. Ohne Eitelkeit, ohne Selbstgefälligkeit, ohne Zynismus, so als würde sie die Erinnerungen nur ihrem Tagebuch anvertrauen, schreibt Frida über ihre finnischen, deutschen und französischen Liebhaber, ebenso wie über ihren russischen Ehemann Mitja, der ihr wie ein Bruder zur Seite steht, und nicht zuletzt über ihr Abenteuer mit dem portugiesischen Macho Diego, aus dem sie ein echter Gentleman befreit: ein englischer Geschäftsmann.

 

„Wenn man zu lange auf den Ozean schaut“ ist hochwertige Literatur, weit weg von oberflächlichen „50 Shades of Grey“, weit weg von mediengeilen „Feuchtgebieten“, am ehesten verwandt mit den Reflexionen der Kolumnistin Carrie Bradshaw aus „Sex and the City“, wobei in Anspielung an diese erfolgreiche Fernsehserie der Titel von Faridas Lebensgeschichte lauten könnte: „Love and the Country“. Vielleicht gibt es ja einmal eine englische Ausgabe des Romans von Sophia Benedict. Das Buch hat jedenfalls einen Welterfolg verdient. Sowohl die russische als auch die deutsche Fassung vermitteln in ihrer schnörkellosen, damit aber besonders stilvollen Sprache ein einmaliges Lesevergnügen!

Hubert Thurnhofer

 

Buchpräsentation am 25. November 2015

Benedict Sophia

Gemeinsam mit der Lektorin Elisabeth Namdar hat Sophia Benedict (Diana Wiedra) ihr Buch im Kunstraum der Ringstrassen Galerien vorgestellt. Passend zum Bild der Japanischen Künstlerin Atsuko Dowling zitierte sie folgende Stelle aus dem Buch:

 

Die Treibeiszeit ist für die Bewohner des Wolgaufers wahrscheinlich ein ebenso grandioses Ereignis wie für die Japaner die Sakura, die Kirschblütenzeit. Man sagt, dass die Japaner drei Tage ihres ohnehin kurzen Urlaubs damit zubringen, die Schönheit der blühenden Gärten zu bewundern. Wir aber lassen alles liegen und stehen, um stundenlang bei kaltem Wind zu beobachten, wie das Eis auf der Wolga zerbirst und die riesigen bläulichen Blöcke zum Meer hintreiben.

Die kurze Sakurablütezeit sagt etwas über die Vergänglichkeit der Schönheit der Welt aus, sie zeugt von der Flüchtigkeit des Lebens selbst. Das Treibeis hat eine ganz andere Symbolik. Es lässt uns an die gewaltige Kraft des Lebens und an seinen Sieg über das Nichtsein denken. Wenn der Frühling mit seiner kräftigen und gleichzeitig zarten Hand die Eisdecke aufbricht und die kalten blauen Strahlen die Eisschollen aufgreifen, erwachen auch in der menschlichen Seele die großen Hoffnungen. Zusammen mit der Eisdecke weicht die Winterkälte aus der Seele. Bald wird warmes Frühjahrshochwasser die Wunden waschen.

Der Frühling war noch nicht da, es waren seine Vorboten, aber man wusste, dass das Leben wieder seinen Lauf nahm. Unwillkürlich begann ich an die Zukunft zu denken. Es war sinnlos, in der Vergangenheit zu wühlen, eigene und fremde Fehler zu suchen. Die begangenen Fehler waren nicht mehr zu ändern, es war Zeit, einen Schlusspunkt zu setzen und die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen.

Die Müdigkeit, die sich in meiner Seele über den Winter angesammelt hatte, ging plötzlich in kränkelnde Angeregtheit über, und ich sagte mir, dass ich nicht mehr leiden wollte.

Nach einigen Wochen erblühte unsere Sakura in Gestalt der Apfelblüte, die das Land mit weiß-rosa Schaum umhüllte.

Als die zarten schneeigen Blüten sich auf die Erde legten und auf den Bäumen erstes zartes Grün erschien, wuchs auch in meinem Herzen unerklärliche Freude heran.

Es flatterte fröhlich, wenn ich die wunderschönen Veränderungen in der Natur sah, es erfüllte sich mit Wonne und Ruhe.

 

 

 

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