Unternehmer, Sportler, Reisender, Künstler – Maler und Architekt – das sind die vielen Seiten von Slava Reyzin, der 1957 in Russland geboren ist und seit 2000 in Deutschland lebt. Eine unglaublich vielseitige Persönlichkeit, ein ungewöhnlich feiner Beobachter unserer Zeit, zeigt im Kunstraum erstmals seinen Narrenschiff-Zyklus, Arbeiten auf Papier und in Öl auf Leinwand. Die verschiedenen Charaktere seiner Narrenschiffe schwanken zwischen Lust und Frust, zwischen Resignation und Protest.
Das Narrenschiff hat erstmals der Schriftsteller Sebastian Brant (1457-1521) zum Thema eines Romans gemacht. In seiner Satire entwirft er eine Typologie von über 100 Narren auf einem Schiff mit Kurs auf Narragonien, womit er seinen Zeitgenossen durch eine unterhaltsame Schilderung ihrer Laster kritisch den Spiegel vorhält. Katherine Anne Porter (1890-1980) schildert in ihrem Roman mit dem gleichen Titel eine Gesellschaft der 1930er Jahren auf der Überfahrt von Amerika nach Europa. Von Brant übernahm sie sowohl den Titel als auch das archetypische Bild der Schiffsreise als Lebensreise. Die Verfilmung dieses Romans mit Oskar Werner in der Hauptrolle ist legendär.
Reyzins Narragonien lässt sich zeitlich nicht eingrenzen. Seine Interpretationen könnten aus dem späten Mittelalter ebenso stammen wie aus den 1930er Jahren oder aus dem Jahr 2042. Jedenfalls gleicht Reyzins Narrenschiff niemals der scheinbar unsinkbaren Titanic, sondern immer einer Nussschale, auf der Besatzung und Passagiere, freiwillig oder nicht, langsam aber sicher in das offene Meer getrieben werden ohne es zu bemerken. Die geschlossene Gesellschaft auf dem Narrenschiff verliert das Ufer aus den Augen. Uferlosigkeit und Orientierungslosigkeit sind die Konstanten in Epochen großer Veränderungen, wie uns Reyzin in seinem Zyklus vor Augen führt.
Kontakt:
Slava Reyzin
Max-Kohn-Straße 16
90451 Nürnberg
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