Die Slawistin Elisabeth Heresch ist als Autorin zahlreicher Bücher über die Geschichte Russlands bekannt, u.a. Die Romanows - Russlands Zarenfamilie 1613-2013“, „Geheimakte Parvus. Die gekaufte Revolution“, „Rasputin. Das Geheimnis seiner Macht“, „Nikolaus II.: Feigheit, Lüge und Verrat. Leben und Ende des letzten Russischen Zaren“, Alexander Lebed. Krieg oder Friede“. In Wien lernte die Russlandexpertin, die im In- und Ausland tätig war, den Künstler Vladmir Bugrin kennen, dessen Werke sie und ihr Mann gesammelt haben. |
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Vladimir Bugrin, Kirche, 58x45 cm |
Über Bugrin schreibt Heresch:
Vladimir Bugrin wurde 1938 in St. Petersburg (damals Leningrad) geboren. Er absolvierte die Kunstakademie und wurde - wie sein Vater - Ikonenrestaurator. Diese Tätigkeit und seine tiefe, sprirituelle Religiosität beeinflussten in Technik und Sujetwahl auch seine eigenen Arbeiten. Dabei hat er sich vorwiegend Themen wie dem untergangenen alten Russland gewidmet und dies in zerbrochenen Objekten, stellvertretend für seine entschwundene Welt, symbolisiert. Stärker noch setzte er nächtliche Visionen von Heiligen der orthodoxen Kirche in imaginären Porträts um. Auch dem Umgang des totalitären Regimes - es herrschte die Breschnew-Ära der politischen Stagnation - mit den Menschen des Landes widmete Bugrin einige seiner Arbeiten - etwa mit dem Zug ausgezehrter Pferdegespanne über eine erbarmungslose russische Winterlandschaft oder in seinem großflächigen Monumentalgemälde "Der Feldzug Iwans des Schrecklichen" mit zahllosen sich wie unter Peitschenhieben windenden Körpern. Stets war die Technik seiner Ölgemälde raffiniert, die Farben lebendig, die Atmosphäre emotional aufgeladen.
Naturgemäß widersprach Bugrins Werk in Inhalt und Form diametral den herrschenden Regeln des Sozialistischen Realismus. Anlässlich seiner Ausweisung aus Russland erhielt er jedoch 1978 von einem französischen Mentor die Einladung, nach Paris zu emigrieren. Nach der Ausreise, während des mehrmonatigen Aufenthalts auf der Durchreise in Wien, entdeckte ich die in Papierrollen transportierten Werke und war von ihrer Ausdrucksstärke beeindruckt. Ebenso eine erfahrene Kunsthistorikerin, die - angesichts des sprituellen Inhalts - gemeinsam mit Kardinal König im Diözesanmuseum eine Ausstellung organisierte und mithilfe von Sponsoren auch einen Farbkatalog herstellen ließ. Die wenigen Bilder, die Bugrin damals zu verkaufen bereit war, um für sein eigentliches Reiseziel noch den Bestand zu wahren, erzielten ungewöhnlich hohe Preise. "Der Feldzug Iwans des Schrecklichen" ging aber statt an private Interessenten an das Erzbischöfliche Museum Salzburg. Öffentliche und private Aufträge folgten, eine Wiener Galerie übernahm Bugrins Vertretung. Von seiner schöpferischen Originalität und Technik (auch bei Aufträgen für Porträts lebender Personen) zeugen etwa das Porträt der Fürstin Ghislaine Windisch-Graetz (als Pique Dame, auf einem der Spiegelbilder in Witwenhabitus), eine Ganzdarstellung von Kardinal König oder das Porträt jener Person, die ihn in Wien entdeckt und den Anstoß zur Begegnung mit der Kunsthistorikerin gegeben hatte.
Zunächst fand Bugrins Werk auch in Paris kometenhafte Anerkennung und Verbreitung, die ihm weltweit Ausstellungen und Ehrungen bescherte. Museen von Europa bis Japan kauften seine Werke an. Jedoch dauerhaft war Bugrin privat und beruflich in Paris keine Rezeption beschieden. Er ließ sich leicht mit Frauen ein, die es verstanden, seine geschäftliche Ahnungslosigkeit auszunutzen. Einmal stolzer Besitzer eines Hauses im noblen St.Germain en Laye, fand er sich am Ende einer mißglückten Ehe nahezu mittellos. Er wurde Vater von insgesamt fünf Kindern in verschiedenen Ländern. Bugrin verfiel dem Alkohol und kehrte, von Krankheit gezeichnet, nach Russland zurück, wo er 2001 63-jährig starb.
Sein religiöses Werk fand jedoch keine Aufnahme mehr - jedenfalls nicht bei jenen französischen Käufern, die es sich hätten leisten können. Mit kleinen gefälligen Stillleben versuchte Bugrin sich über Wasser zu halten. Am Markt sind keine großen Werke der Höhepunkte in Bugrins Schaffen mehr zu finden, sondern nur eine Fülle von Stillleben und relativ kleinformatigen Darstellungen aus der Pariser Zeit. Somit sind die hier gezeigten Werke aus den 60iger bis 80iger Jahren Objekte seltener Art, der Hl. Michail auch durch die Verwendung von Farben aus Halbedelsteinen aus Sibirien.
Vladimir Bugrin, Prozession in Tichvino, Öl auf Leinwand, 66x110 cm
Siehe auch wikipedia: Vladimir Bougrine